
Integration neuer Pferde in den Offenstall – so gelingt ein harmonischer Einstieg
In der freien Natur schließen sich Pferde Herden freiwillig an und haben dabei reichlich Platz, um Konflikten auszuweichen. In der Offenstallhaltung hingegen werden Pferde auf begrenztem Raum zwangsläufig
zusammengeführt. Eine durchdachte Herdenintegration ist daher unerlässlich, um Stress und Verletzungen zu vermeiden.
1. Erstes Kennenlernen – mit Sicherheitsabstand
Vor dem direkten Kontakt sollte ein neues Pferd die Möglichkeit haben, die Herde über einen sicheren Zaun kennenzulernen. Hierfür eignet sich eine Eingewöhnungsbox oder ein angrenzender, abgetrennter Paddock.
Der Zaun muss stabil und verletzungssicher sein und eine gefahrlose Kontaktaufnahme erlauben. Voll vergitterte Boxen oder offene Panel-Elementebergen Verletzungsrisiken, z. B. durch Ausschlagen mit den Vorderbeinen. Panels sollten im unteren Bereich geschlossen werden.
Auch ein stabiler Elektrozaun kann bei der Abtrennung im Außenbereich hilfreich sein. Ideal ist eine Anordnung, bei der Neuling und Herde gemeinsam – aber getrennt – fressen können, z. B. an gegenüberliegenden Seiten einer Heuraufe. Gemeinsames Fressen fördert nachweislich die soziale Annäherung.
2. Dauer der Eingewöhnungsphase
Die Dauer der Abtrennung variiert je nach Pferd, Herde und
Stallkonzept. Häufig liegt sie zwischen 3 und 5 Tagen. Bei sehr unsicheren oder
gestressten Tieren kann eine kürzere oder deutlich längere Eingewöhnung
sinnvoll sein. Manche Pferde benötigen mehrere Wochen, andere profitieren von
einem zügigen Übergang. Hier gilt es, individuell zu entscheiden.
3. Der erste Tag in der Herde
Zur Integration sollte der gesamte Offenstallbereich frei
zugänglich sein, um Rückzugsräume zu schaffen und Sackgassen zu vermeiden. Der
Neuling bleibt idealerweise dauerhaft in der Herde – stundenweise Zugänge
führen meist zu längerer Unruhe. In den ersten Tagen ist es besonders wichtig,
ausreichend Heu- und Wasserstellen bereitzustellen, damit auch rangniedrige
Tiere ungestört Zugang haben.
4. Integrationshelfer – soziale Unterstützung nutzen
In Gruppen mit geeigneten Tieren kann ein sogenannter
„Integrationshelfer“ die Eingewöhnung erleichtern. Dieses sozial stabile
Herdenmitglied wird mit dem Neuling vorab vergesellschaftet und später
gemeinsam in die Herde integriert. Das neue Pferd hat dadurch eine erste
Bezugsperson. Wichtig: Der Helfer sollte freundlich, souverän und problemlos
von seiner Herde trennbar sein. Nicht jedes Pferd eignet sich für diese Rolle –
in Pensionsställen ist auch die Zustimmung der Besitzer erforderlich.
5. Mehrere Pferde gleichzeitig integrieren?
Mehrere Pferde können gemeinsam oder nacheinander integriert
werden – beide Varianten haben Vor- und Nachteile. Einzelne Pferde zeigen meist
eine stärkere Motivation zur Integration, während mehrere Neulinge zunächst in
ihrer eigenen Mini-Herde verbleiben und sich langsamer annähern. Die
gleichzeitige Integration reduziert jedoch die Anzahl der Umstellungen für die
bestehende Herde.
Bei gleichgeschlechtlichen Gruppen kann eine gemeinsame
Integration gut funktionieren. Bei gemischten Paaren (z. B. Stute und Wallach) empfiehlt es sich hingegen,
die Stute zuerst zu integrieren und den Wallach nach 4–6 Wochen
folgen zu lassen, um Konflikte zu vermeiden.
6. Allgemeine Empfehlungen
- Platzangebot:
- Je mehr Raum zur Verfügung steht, desto harmonischer verläuft die
- Integration.
- Gestaltung
- des Offenstalls: Vermeide Sackgassen und enge Passagen. Ideal ist ein
- Rundlauf oder Paddock Trail mit vielen Ausweichmöglichkeiten.
- Vorab-Erkundung:
- Lasse das neue Pferd zunächst allein den Offenstallbereich erkunden – z. B. während
- die Herde auf der Weide ist.
- Aufgeregte
- Besitzer beruhigen: Die Nervosität des Menschen überträgt sich auf das
- Pferd. Bachblüten oder ein entspannter Tee (zur Not auch ein Schnaps 😉)
- können helfen.
- Hengstige
- Wallache in gemischten Gruppen: Diese zeigen oft übersteigertes
- Territorialverhalten und neigen zu Konflikten. Besser geeignet sind reine
- Wallachgruppen.
- Alte
- oder kranke Pferde: Diese Tiere tun sich oft schwer in dynamischen Herden.
- Sie werden nicht immer integriert, sondern leben eher am Rand. Eine
- altersgerechte Kleingruppe ist hier meist die bessere Wahl.